Orgelgeschichte

 

Im Jahre 1710 äußert die Kirchengemeinde Sillenstede den Wunsch, eine Orgel erbauen zu lassen. Eventuell sollte den Auftrag der renommierte, ostfriesische Orgelbaumeister Gerhard von Holy ausführen. Berichte über frühere Instrumente in der St. Florian-Kirche sind nicht überliefert. Wahrscheinlich übernahm ein Chor, bestehend aus Schülern der Dorfschule, lange die Funktion des liturgischen Singens.

Aufgrund politischer Verwicklungen in Bezug auf das Orgelbauprivileg für die Region zog sich der Beginn des Neubaus länger hin, da das Fürstenhaus von Anhalt-Zerbst, zu dem das Jeverland seit 1667 gehörte, erst um Erlaubnis gefragt werden musste. Die Bemühungen Joachim Kaysers, sein Recht auf alleinige Arbeit als Orgelmacher in der Herrschaft Jever durchzusetzen, blieben ohne Erfolg.

Im Januar 1752 erst kam es schließlich zu einem Vertrag über den Orgelbau in St. Florian mit dem hier damals unbekannten Johann Adam Berner (1723-1768), der aus dem Osnabrücker Land mit seiner Werkstatt nach Jever gezogen war, wo er die große Orgel der Stadtkirche erbauen sollte. Er entstammte einer angesehenen Orgelbauerfamilie Westfalens und hat sein Handwerk in der Werkstatt seines gleichnamigen Vaters in Osnabrück gelernt. Er wirkte vorher im Raum Minden u.a. beim Bau der großen Orgel in der Stiftskirche Fischbeck mit, deren beeindruckender Prospekt noch heute erhalten ist. Somit reiht er sich ein in die damals bereits technisch hoch entwickelte Tradition des westfälischen Orgelbaus, der nun als ein „Import“ nach Friesland kam.

Verschiedene Dokumente belegen heute, dass Geld für den Orgelbau aus Sammlungen der eigenen Gemeinde stammte. Landwirte gaben Vieh, das verkauft wurde. Handwerker lieferten Holz, Nägel und anderes Baumaterial und errichteten die Empore in der Kirche. Ebenfalls beteiligte sich das Fürstenhaus von Anhalt-Zerbst finanziell an den Baukosten.

Wegen der langen Bauzeit gab es oft Streit zwischen J.A. Berner und den Sillensteder Pfarrern, die sich bei der verantwortlichen Kirchenbehörde in Jever mehrmals beschwerten. Die kleine Werkstatt des westfälischen Orgelmachers schien durch den gleichzeitigen Bau der großen, dreimanualigen Orgel in der Stadtkirche zu Jever völlig überlastet; Berner beschäftigte außerdem nur einen Gesellen: Johann Caspar Struve.

Am 18. August 1757 schreiben der Rechenmeister H.A. Kirchhoff und der Stadtmusikant C. Renke aus Jever im Protokoll der Orgelabnahme: „die Bälge treyben den Wind wohl und ohne Sausen und Knattern bis 29 Grad…“; „Wider dem Kontrakt haben wir bemerckt, daß statt des Dulcian 8´ ein Crumhorn und zwar Register halbieret angebracht ist, wahrhaft zum Faveur des Organisten,…, wie auch zum Vergnügen der Gemeinde…“.

 

 

Bei ihrer Fertigstellung verfügte die Orgel über neun Register im Hauptwerk und fünf Register im Brustwerk. Zusätzlich war ein Tremulant eingebaut. Das Pedal war ans Hauptwerk angehängt und hatte keine eigenen Stimmen. Der Orgelprospekt wurde vollkommen aus Lindenholz gefertigt und reichhaltig verziert. Er zeigt neben floralen Ornamenten diverse Musikinstrumente, vier musizierende Putten und zwei weibliche Plastiken, die den großen Mittelturm bekrönen. Hier kommt die Bedeutung zum Vorschein, welche die Orgel mit ihrer Funktion für den Gottesdienst in der barocken Vorstellungswelt hatte: der ganzer Kosmos, im Himmel wie auf der Erde, lobt Gott durch die Schönheit in der Musik.

Die Windversorgung wurde durch ein „Kalkantenzimmer“ gewährleistet, das sich unter der Empore befand. Der alte Windkanal befindet sich noch heute an der Decke des Kirchenvorraums. Über eine kleine Glocke konnte der Organist den dort verweilenden, zu diesem Dienst eingeteilten Jugendlichen mitteilen, wann diese die Balganlage mit ihren Füßen zu betätigen hatten.

Nach dem Auftrag in Sillenstede baute Berner noch die einmanualige Orgel in Pogum (Krummhörn) mit sechs Registern. Sie wurde 1758/59 vollendet. Er sollte mit seinem Schwiegervater Johann Friedrich Constabel bis 1760 noch Arbeiten in der Lambertikirche zu Aurich aufnehmen, welchen aber aus Zeitmangel Berners Bruder Ernst aus Osnabrück nachging. Zeitlebens schien Berner mit der Planung bei seinen Orgelbauten überfordert, was sogar gerichtliche Streitigkeiten zwischen ihm und seinen Auftraggebern nach sich zog.

Seine Werkstatt war noch mit Reparaturen und Pflege einiger Instrumente auf der gesamten ostfriesischen Halbinsel beschäftigt, da starb Johann Adam Berner in Jever am 18. Mai 1768 mit nur 45 Jahren an Fleckfieber, was im Totenbuch der Stadtkirche vermerkt ist. Seine Werkstatt wurde daraufhin durch seine Witwe aufgelöst.

 

Kirchenbesichtigung

St.-Florian ist in der Regel tagsüber geöffnet.

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